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Sturzneigung

Sturzneigung: Erhöhte Anfälligkeit, bereits aus geringfügigem Anlass hinzufallen. Begünstigt wird eine Sturzneigung u. a. durch Schwindel, Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen und Muskelschwäche. Sie tritt bei zahlreichen Erkrankungen auf, alte Menschen sind besonders oft davon betroffen. Je nach Ursache lässt sich einer erhöhten Sturzneigung durch eine individuelle Sturzprophylaxe sowie durch die Behandlung zugrundeliegender Erkrankung entgegenwirken.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Unsicherer, schwankender Gang, Trippelschritte
  • Probleme beim Wenden und Stehenbleiben während des Gehens
  • Muskelschwäche in den Beinen
  • Häufiges Stürzen oder Abrutschen
  • Schwindel, Taumelgefühl, Angst vor Stürzen.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn oben genannte Einschränkungen auftreten.

Die Erkrankung

Eine erhöhte Sturzneigung ist insbesondere für ältere Menschen ein Problem. Fachleute gehen davon aus, dass fast ein Viertel aller Männer und Frauen über 65 Jahren mindestens einmal im Jahr aus geringfügigem Anlass hinfällt. Von den geschätzten 10 Millionen Stürzen bei Senior*innen in Deutschland führen rund 500.000 zu einem Krankenhausaufenthalt.

Problematisch sind die Stürze vor allem wegen ihrer Folgen: Bei etwa 15 % kommt es zu Blutergüssen, Prellungen, Verstauchungen oder Knochenbrüchen. Insbesondere für alte Menschen drohen schwerwiegende Konsequenzen. Stürze sind die häufigste Ursache für Pflegebedürftigkeit im Alter, bei jährlich rund 1000 Senior*innen führen sie sogar zum Tod.

Ursachen

Es gibt sehr viele Gründe für eine erhöhte Sturzneigung. Insbesondere bei alten Menschen liegen oft gleich mehrere Risikofaktoren vor.

Bei den Ursachen lassen sich personenbezogene Faktoren wie Erkrankungen oder ein schlechter Allgemeinzustand von externen Faktoren (z. B. Stolperfallen) unterscheiden. Außerdem können Medikamente das Risiko für Stürze erhöhen.

Personenbezogene Ursachen. Viele internistische Erkrankungen erhöhen die Sturzneigung, weil sie zu Schwäche, Schwindel oder Ohnmacht führen. Manche Erkrankungen machen auch sehr müde und schränken die Reaktionsfähigkeit ein. Dazu gehören neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche oder Blutdruckschwankungen auch Blutarmut (Anämie), Tumorerkrankungen und ein schlechter Allgemeinzustand.

Neurologische Erkrankungen begünstigen ein Hinfallen durch verschiedene Mechanismen. Erkrankte Nerven können den Gleichgewichtssinn stören, das Gehen verschlechtern und ebenfalls zu Schwindel führen. Beispiele sind der Morbus Parkinson, Polyneuropathien (etwa bei Diabetes mellitus), Schlaganfall und vestibuläre Syndrome. Auch eine verschlechterte Kognition durch Demenz kann vermehrt Stürze auslösen.

Gefördert wird eine Sturzneigung zudem durch Probleme mit dem Bewegungsapparat. Häufige Auslöser sind z. B. eine allgemeine Muskelschwäche und Bewegungsstörungen aufgrund von Rheuma oder Arthrose.

Weitere wichtige Faktoren für die Entwicklung einer Sturzneigung sind

  • Sehstörungen und Hörstörungen sowie
  • Harninkontinenz und nächtlicher Harndrang.

Externe Ursachen. Externe Ursachen liegen außerhalb der gestürzten Person. Dabei handelt es sich z. B. um Stolperfallen. Typisch dafür sind lose Teppiche oder herumliegende Kabel. Ebenso ungünstig ist schlechtes Schuhwerk, also Schuhe, die keinen festen Halt bieten oder abgenutzte und rutschige Sohlen haben. Eine weitere externe Ursache für Stürze ist eine unzureichende Beleuchtung.

Medikamente. Bestimmte Arzneimittel erhöhen vor allem bei älteren Menschen das Risiko für Stürze. Antidepressiva, Beruhigungsmittel und starke Schmerzmittel können die Reaktion verlangsamen und schläfrig machen sowie zu Verwirrung und Gleichgewichtsstörungen führen. Blutdrucksenker verursachen manchmal beim Aufstehen einen Blutdruckabfall und lösen dadurch Schwindel und Ohnmacht aus. Anticholinergika erhöhen das Risiko für Verwirrtheit und Delir und damit auch die Gefahr für Stürze. Antidiabetika können zu Unterzucker mit Schwäche, Zittern und Bewusstseinseinschränkungen führen.

Sturzphobie

Ältere Menschen, die schon einmal gestürzt sind, entwickeln häufig eine große Angst davor, erneut zu stürzen. Daraus kann eine regelrechte Sturzphobie (Post-Fall-Syndrom) entstehen: Aus Furcht zu stürzen bewegen sich die Betroffenen nur noch extrem vorsichtig oder gerade so viel wie nötig. Ein Teufelskreis, denn durch die Unsicherheit und den Bewegungsmangel erhöht sich das Sturzrisiko zusätzlich.

Diagnosesicherung

Eine erhöhte Sturzneigung wird häufig schnell dem fortgeschrittenen Alter und einer allgemeinen Gebrechlichkeit der Betroffenen zugeschrieben. Dennoch sollte bei jeder Patient*in nach der Ursache gefahndet werden, denn einige Auslöser lassen sich gezielt angehen. Basis dafür ist eine gründliche Untersuchung, die auf mehreren Säulen fußt:

Krankengeschichte. Zunächst erhebt die Ärzt*in eine ausführliche Anamnese. Sie lässt sich von Art und Umstand vorangegangener Stürze berichten und fragt nach Beschwerden wie Schwindel und Gangunsicherheit. Ebenso wichtig sind Vorerkrankung, Medikamente und ein eventueller Alkoholkonsum.

Körperliche Untersuchung. Bei der körperlichen Untersuchung werden die Muskelkraft, das Gangbild und die Beweglichkeit geprüft. Außerdem hört die Ärzt*in das Herz ab und misst den Blutdruck.

Funktionstests. Mit standardisierten Tests wie dem Timed-up-and-Go-Test kann das Sturzrisiko gut erfasst werden. Dabei wird die Zeit gemessen, die man braucht, um von einem Stuhl aufzustehen, drei Meter zu laufen, zurückzukehren und sich wieder hinzusetzen. Dauert dies bei einem älteren Menschen mehr als 13 Sekunden, ist das Sturzrisiko erhöht. Anhand einfacher Seh- und Hörtests prüft die Ärzt*in orientierend das Seh- und Hörvermögen, bei Auffälligkeiten wird eine Fachärzt*in hinzugezogen.

Laborwerte. Meist wird ein Basislabor bestimmt, um z. B. eine Blutarmut oder Störungen im Elektrolythaushalt aufzudecken.

Neurologische Untersuchung: Hierbei prüft die Ärzt*in vor allem die Koordination, das Lageempfinden und den Gleichgewichtssinn.

Je nach Verdacht können die Basisuntersuchungen mit weiteren Tests ergänzt werden. Herzrhythmusstörungen deckt man z. B. mit einem EKG oder Langzeit-EKG auf, die 24-Stunden-Blutdruckmessung prüft den Blutdruck im Tages- und Nachtverlauf. Zum Ausschluss von Tumoren im Bereich des Gehirns kommen CT oder MRT zum Einsatz.

Behandlung

Beruht die erhöhte Sturzneigung auf einer Erkrankung, verbessert sie sich meist, wenn diese optimal behandelt wird. Auslösende Medikamente kann die Ärzt*in häufig durch andere Wirkstoffe ersetzen, manchmal reicht es auch, die Dosierung anzupassen. Bei einer nicht ausreichend korrigierten Seh- oder Hörschwäche ist eine neue Brille oder ein neues Hörgerät erforderlich.

Ansonsten ist Bewegung die beste Medizin bei erhöhter Sturzneigung. Deshalb bekommen Betroffene meist Physiotherapie verordnet. Mithilfe von maßgeschneiderter Krankengymnastik lässt sich die Muskulatur trainieren. So werden Bein- und Rumpfmuskeln gestärkt und die Stabilität der Betroffenen erhöht. Körperliches Training hält auch die Gelenke beweglicher – wer weniger steif ist, kann Stürze besser vermeiden. Bei einer Gangschulung lernt man, die Bewegungsabläufe besser zu koordinieren. Auch das Gleichgewichtstraining ist wichtig: Es verbessert die Reaktionsfähigkeit und erleichtert es, auf Stolperfallen zu reagieren. Daneben sind gezielte Maßnahmen zur Sturzprophylaxe angezeigt (siehe Ihre Apotheke empfiehlt).

Prognose

Eine ausgeprägte Sturzneigung erhöht das Risiko für Knochenbrüche, Funktionseinschränkungen und Verlust der Selbstständigkeit. Diese Gefahr kann jedoch durch die genannten gezielten Gegenmaßnahmen deutlich reduziert werden.

Ihre Apotheke empfiehlt

Prävention

Bei einem Sturz kommen meist mehrere Ursachen zusammen. Eine ältere Frau hebt beim Gehen ihre Füße nicht mehr richtig an, stolpert dann über ein von der Enkeltochter nicht weggeräumtes Spielzeugauto und kann das Stolpern aufgrund ihrer Kniegelenksarthrose nicht mehr abfangen. Trotzdem könnte die Mehrzahl der Stürze durch das Ausschalten von nur einem Risikofaktor verhindert werden. Dies ist das Ziel der Sturzprophylaxe. Hierunter versteht man alle Maßnahmen, die Stürzen vorbeugen sollen. Zu ihnen zählen:

  • Gehhilfen nutzen: Spazierstöcke, Rollator oder das Delta-Gehrad bieten Halt und entlasten Hüfte und Becken. Sie setzen jedoch voraus, dass die Betroffenen noch genug Kraft zum Aufstützen haben und die Koordinationsfähigkeit uneingeschränkt funktioniert.
  • Altersgerechte Anpassung des Wohnraums: Beidseitige Handläufe an den Treppen oder Haltegriffe im Bad geben Sicherheit. Zudem sollte man steile (Keller-)Treppen absichern und Stufen und Schwellen auffällig markieren.
  • Beseitigung von Stolperfallen: Lose Teppiche und Kabel entfernen und Laufwege frei davon halten.
  • Für ausreichende Beleuchtung sorgen: Lampen mit Bewegungsmeldern geben nachts Licht, ohne dass man nach einem Lichtschalter suchen muss.

Im Falle eines Sturzes verringern Hüftprotektoren die Gefahr, den Oberschenkelhals zu brechen. Bei diesen Protektoren handelt es sich um Spezialunterhosen mit seitlich integrierten Taschen, in die entweder harte Schalen oder weiche Polster eingesetzt werden. Sie leiten die Energie des Sturzes vom gefährdeten Knochen weg und verteilen sie auf das umgebende Weichgewebe. Mehrere Studien haben gezeigt, dass sich auf diese Weise die Häufigkeit von Oberschenkelhalsfrakturen senken lässt. Allerdings lehnen viele Menschen die Hüftprotektoren ab, weil sie unbequem sind und nicht eben schlank machen. Zur Akzeptanz trägt auch nicht bei, dass die Schutzpolster immer zu tragen sind, also auch während der Nacht. Gerade nächtliche Stürze aus dem Bett erweisen sich als ein hohes Risiko für Schenkelhalsfrakturen.

Weiterführende Informationen

Quellen:

16.06.2025 | Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski